Die Sache mit der Auslastung…
„Einen Australian Shepherd muss man aber ordentlich auslasten!“
Das ist so ziemlich der häufigste Satz, den ein Aussiebesitzer (oder einer, der es noch werden will) zu hören bekommt.
Warum glauben wir Menschen eigentlich, der Hund müsste „ausgelastet“ werden? Und warum zum Teufel nennen wir es überhaupt „auslasten“?
Machen wir uns doch mal den Spaß, und googlen „auslasten“:
aus·las·ten
aúslasten/schwaches Verb
- (ein Fahrzeug o. Ä.) bis zur Grenze der Tragfähigkeit belasten“ein Fahrzeug auslasten“
- bis zur Grenze des Möglichen, der Leistungsfähigkeit nutzen“die Kapazitäten des Betriebs sind völlig ausgelastet“
Maschinen, Autos, Betriebe können (und sollten am besten) ausgelastet sein. Aber muss unser Hund wirklich ausgelastet sein? Wollen wir ihn bis zur Grenze des Möglichen bringen, oder bis zur Grenze der Leistungsfähigkeit nutzen?
Natürlich kann ich immer nur für mich sprechen. Aber ich möchte vor allem, dass Macy glücklich ist. Ist mein Hund jetzt nur glücklich, wenn ich mit ihm 2-3 Stunden am Tag über Stock und Stein gewandert bin, anschließend noch ne halbe Stunde Fahrrad fahren war und vor dem Abendessen erst noch eine viertel Stunde Obedience mit mir machen musste?
Ich glaube jeder von uns kennt diese Euphorie und die Glücksgefühle, wenn wir an unsere Grenze gekommen sind, eine Aufgabe gemeistert haben und uns selber übertroffen haben. Sport, Beruf, Lifestyle. Jeder hat so sein persönliches „Glücksprogramm“, welches man abspulen kann und fast immer ein Garant für gute Stimmung ist.
Aber schade ich meinem Hund wenn ich ihn nicht „auslaste“? Reicht es, einmal am Tag eine „große Runde“ zu gehen und vielleicht noch ein bisschen just-for-fun zu tricksen? Oder muss ich dann direkt wieder ein schlechtes Gewissen haben, weil ich meinem Hund nicht gerecht werde?
Ich glaube manchmal, dass wir ganz vergessen, dass unsere Hunde auch in unserem Familienalltag genug „ausgelastet“ werden. Bei uns zuhause werden Familienmitglieder begrüßt, auf Haus und Garten aufgepasst, die Einkäufe aus dem Auto reingetragen, die Katzen geärgert, die Hühner gehütet. Das sollte man nicht unterschätzen, denn eigentlich ist doch in so einem Hundetag jede Menge los… lastet das nicht schon genug aus?
Man könnte jetzt sagen, dass ich ja leicht reden habe. Ich habe einen in sich ruhenden Hund, gehe noch zweimal die Woche mit ihr auf den Hundeplatz, treffe mich regelmäßig mit anderen Hunden und gehe auch auf Tuniere. Ja, bei uns in unserem Leben ist es eigentlich nie langweilig.
Aber wir können auch das absolute Kontrastprogram. Es gibt auch bei uns mal Tage, da gibt es weder große Runde, noch Agility oder Rally Obedience. Es gibt bei uns auch mal ne ganze Woche, wo absolut nichts los ist. Wo ich kopfüber in der Uni stecke, krank bin oder einfach die Termin so unglücklich liegen, dass es anders nicht geht.
Die Tage mit Action sind so ein bisschen wie das Sportstudio, eine Fahrt mit der Achterbahn, oder Bungee Jumping für andere. Sie setzen eine unglaubliche Menge Glückshormone in uns frei. Aber irgendwie auch nur kurzfristig.
Was für uns viel wichtiger sind, ist das Kuscheln am Abend, das Schlendern morgens durch die Nachbarschaft, das lustige Rumblödeln am Tag. Zeit füreinander nehmen, ohne Hektik und ohne Action. Klar muss man dem Körper auch mal was Gutes tun, damit sich die Seele darin wohlfühlen kann. Aber diese intimen, ruhigen Momente sind doch letztlich das, was uns langfristig zufriedener macht und zusammenschweißt.
Während ich den Text hier verfasse, döst Macy grade neben mir auf der Couch. Wir haben 22 Uhr, gleich gehts ins Bett. Ich streichel sanft durch ihr Fell, spiele mit ihren kleinen Öhrchen. Und ich wage jetzt einfach mal zu behaupten, dass sie jetzt grade in diesem Moment ziemlich glücklich ist.
Und ich bin es auch.